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Wider des Schlunds des Vergessens

Ein Konzertevent mit Augenzwinkern

Musica Bayreuth: Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys zu Gast auf der Kulturbühne im Reichshof

Musica Bayreuth 2024 - Ulrich Tukur und die Rhythmus Boys auf der Kulturbühne im Reichshof Bayreuth
Eine feine Tanzmusikkapelle bei der Arbeit: Ulrich Tukur (am Flügel), Ulrich Meyer (Gitarre), Kalle Mews (Schlagzeug) und Günter Märtens (Kontrabass) auf der Kulturbühne im Reichshof. Foto: Harbach

Ein Abend zum Genießen, Träumen und Lachen

Ja, der Weg ist weit, wenn man im Reichshof vom Foyer aus kommend, die Bühne entern will. Zum Glück geht’s leicht bergab, da hilft die Schwerkraft nach. Und so trabten sie denn auch gut gelaunt, heftig winkend, einmal der Länge nach durchs Auditorium: Der Steife, der Kurze, der Lange. Sowie vornedran, der Conférencier des Abends, der Maestro der Bühne, der „Chouchou“ des Auditoriums: Ulrich Tukur. Ein begnadeter Schauspieler, ein kühn wilder Geschichtenerzähler, ein lässig routinierter Tastendompteur von mitreißender Energie.

Kurz, es wurde nicht lang gefackelt, es ging gleich in die Vollen. Inklusive der Ansage, man möge den Abend hier nicht zu ernst nehmen, das täte man auf der Bühne auch nicht. – Ach nee, tatsächlich? - Ironie off. In der Folge hatte man viel Spaß miteinander; Tukur gab den Münchhausen, das Publikum freute sich. Beispielsweise, als er die Geschichte Bayreuths neu erzählte. In Details zumindest. Indem er flugs den Reichshof zur Erstausgabe des Festspielhauses erklärte. Und auch wusste, wer wo hier gesessen hat: Der Richard, die Cosima und andere, die man heute besser nicht mehr erwähnt. Jedenfalls ganz vorne, schon klar.

 

Mit der ganzen Welt bekannt

 

Apropos Geschichten: Es muss eine Freude sein, auf der Bühne derart Quatsch zu erzählen, und dabei zu erleben, wie sich der ganze Saal mal leiser, mal lauter beömmelt. Und Tukur ist natürlich auch Rampensau genug, um dem Affen gehörig Zucker zu geben: Köstlich, wie er sich zum Freund Cole Porters kürte, sich in die Vita Glenn Millers schmuggelte oder in die Erfindung des Backpulvers einbrachte.

 

Lässig aus dem Ärmel geschüttelt

 

Musik wurde an diesem Pfingstmontagabend natürlich auch gemacht, reichlich sogar. Das Selbstverständnis von Tukur und den Rhythmus Boys ist die Tanzmusik der 20er und 30er Jahre, eine Blütezeit des Entertainments. Pointierte Texte, elegant, leicht und gekonnt in Szene setzt – diese Musik hat einen Charme, der einfach nur mitreißend ist. Einerseits. Andererseits, diese Musik verlangt ihren Interpreten auch einiges ab. Schließlich verfängt sie nur, wenn sie wie aus dem Handgelenk geschüttelt um die Ecke biegt. Und da kann man Tukur und seinen Mitstreitern, dem langen Günter Märtens (Kontrabass), dem steifen Ulrich Meyer (Gitarre) sowie dem kurzen Kalle Mews (Schlagzeug) nur ebenso neidlos wie knapp attestieren: Sie können’s. Ob „Anything goes“ (Cole Porter), „Tuxedo Junction“ (Glenn Miller), „Guarda che luna“ (Walter Malgoni), „Puttin' On The Ritz“ (Irving Berlin), „Let's Misbehave“ (Cole Porter) oder „Sie will nicht Blumen und nicht Schokolade“ (Hans Carste), um nur einige Titel des Abends zu nennen - das war vom Feinsten. Beste Unterhaltung, also. Da leuchteten nicht nur die Sterne, da schwankte im Auditorium regelmäßig auch das Gestühl. Der Wellengang war bisweilen bedenklich.

 

Standing Ovations

 

Zugaben wurden natürlich gemacht; eine ebenso eigenwillige wie charmante Interpretation des Sehnsuchtsevergreens „Paloma“ beendete dieses „Konzertevent mit Augenzwinkern“. Was bleibt, ist das Erlebnis einer bezaubernden Auszeit. Danke, Herr Tukur. Danke, Herr Märtens. Danke, Herr Meyer. Danke, Herr Mews. - Stürmischer Applaus und Standing Ovations.

 

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